Hario V60 Handfilter mit der 4:6 Methode von Tetsu Kasuya
Wenn mich Freunde fragen, wie sie mit wenig Aufwand und einem kleinen Budget in die Kaffeezubereitung zu Hause einsteigen können, empfehle ich in den meisten Fällen den Hario V60 Handfilter. Was diesen Handfilter von Hario so besonders macht, weswegen er sich für Einsteiger sehr gut eignet, aber auch bei Fortgeschrittenen und Profi-Baristas so populär ist, darauf möchte ich in diesem Artikel eingehen. Dazu möchte ich das V60 Rezept von Tetsu Kasuya vorstellen, mit dem er 2016 den World Brewers Cup gewinnen konnte.
Die Vorteile des Hario V60 Handfilters
Der Hario V60 hat aufgrund seiner leichten Bedienbarkeit und der Möglichkeit mit wenig Mitteln in kurzer Zeit einen sehr aromatischen, klaren Kaffee aufzubrühen in den letzten Jahren immer mehr an Popularität dazugewonnen. Ursprünglich bereits in den 1950er Jahren von Hario erfunden, wurde der Vorgänger des V60 in den 80ern erstmalig verkauft und erhielt 2004 noch einmal ein Redesign in jetziger bekannter Form. Dadurch, dass der Hario Filter quasi zum de facto Standard in jedem vernünftigen Third Wave Café wurde, hielt dieser auch sehr schnell Einzug in die Haushalte ambitionierter Kaffeetrinker.
Doch, unterscheidet sich der V60 überhaupt so großartig von dem „normalen“, klassischen Melitta-Kaffeefilter, den man noch von Oma oder einer herkömmlichen Filterkaffeemaschine kennt? Denn immerhin sieht er ja doch ziemlich ähnlich aus..
Aber, der Teufel steckt im Detail: Während der Melitta Kaffeefilter gerade Rillen von oben nach unten aufweist, sind die Rillen im V60 Filter leicht gekrümmt und bilden – wenn man von oben drauf schaut – eine Art Strudel nach unten. Außerdem sind die Zwischenräume der Rippen deutlich größer und insgesamt weniger Rippen vorhanden. Die Idee dahinter ist, dass durch die veränderten Rippen das Wasser beim Brühvorgang gleichmäßiger zirkulieren kann, stets in Bewegung bleibt und der Kaffee somit bestmöglich extrahieren kann.
Übrigens: Falls du dich gefragt hast, warum der V60 eben V60 heißt, so ist die Antwort doch relativ simpel. Betrachtet man den V60 Filter von der Seite ähnelt dieser einem kegelförmigen V. Und 60 steht schlicht für den Winkel, den diese Kegelseiten geneigt sind, nämlich 60 Grad.
Ein weiterer subtiler, aber dennoch sehr wichtiger Unterschied ist die Öffnung am Boden. Während beim klassischen Melitta Filter entweder nur ein oder vereinzelt auch drei sehr kleine Öffnungen zu finden sind an denen der Kaffee hinaus läuft, ist beim V60 eine relativ große Bodenöffnung vorhanden. Dies führt dazu, dass sich der Kaffeefluss nicht staut und schneller heraus laufen kann. Das Ergebnis ist ein klarerer Kaffee. Diese größere Öffnung und der daraus entstehende vergleichweise höhere Druck machen es auch notwendig, dass für den V60 ein spezieller, robusterer Papierfilter genutzt werden muss. Die herkömmlichen Papierfilter sind nicht geeignet, da diese dem Druck nicht standhalten und sehr schnell reißen würden.
Einsteiger bis Barista, der V60 ist perfekt für jeden
Selten kann man bei einer Zubereitungsart, bei dem es um so etwas emotionales wie Kaffee geht guten Gewissens behaupten, dass diese sowohl einfach genug für Einsteiger als auch ideal zum Herumprobieren und Perfektionieren für Profis geeignet ist. Also so ziemlich perfekt für jeden!
Denn, das Aufbrühen mit V60 ist vom Prinzip her kinderleicht und sehr einsteigerfreundlich. Und doch kann man an sehr vielen feinen Stellschrauben drehen und den Brühvorgang tunen um am Ende den vielleicht noch einen Tick besseren Kaffee für sich zu finden – aber nur wenn man möchte.
Und wenn man genau darauf überhaupt keine Lust hat, ist der Hario V60 dennoch eine perfekte Brühmethode um leicht und schnell zuverlässig guten Kaffee zu Hause herzustellen. Auch in der Standard-Rezeptur geht man mit dem 1:15 Verhältnis von Kaffee zu Wasser; für 300ml Wasser benötigen wir also 20g mittelfein gemahlenen Kaffee. Nachdem der Filter mit heißem Wasser ausgespült wurde, beginnt der Brühvorgang und dem Starten des Timers sobald das Kaffeepulver Kontakt mit dem Wasser hatte. Mit dem ersten Schwung gießt man 40ml 90°-94° heißes Wasser (die doppelte Menge des genutzten Kaffees in ml) auf das Kaffeepulver und wartet anschließend eine halbe Minute.
In der Zeit geschieht das sogenannte Blooming, wohl der wichtigste Vorgang im Brühprozess. Während des Bloomings kann CO2 entweichen, was für eine bessere Extraktion, also dem Herauslösen der Aroma- und Geschmacksstoffe aus dem Kaffeepulver sorgt.
Nun gilt es die restlichen 260ml langsam in kreisförmigen Bewegungen in den Kaffeefilter hineinzugeben. Hierbei gilt es zu beachten, dass langsam eingeschenkt wird und der Filter nicht zu voll wird. Ansonsten könnte sich im oberen Teil des Filters zu viel Kaffeesatz ansammeln der zu wenig bzw. zu kurzen Kontakt mit dem Wasser hat. Dies hat definitv negativen Einfluss auf den Geschmack des Kaffees. Sobald das Wasser vollständig durchgelaufen ist, ist der Brühvorgang abgeschlossen und der Kaffee trinkbereit.
Schritt für Schritt Anleitung: die 4:6 Methode von Tetsu Kasuya im Hario V60 Handfilter
Wer jetzt erwartet hat, dass nach dem doch relativ leichten Standard-Rezept für den V60 die 4:6 Methode mit der Tetsu Kasuya 2016 den World Brewers Cup gewonnen hat doch viel schwieriger sein muss, den werde ich an dieser Stelle enttäuschen. Zwar gilt es bei dem Ziel einen noch besseren Kaffee zu brühen natürlich auch immer darum welches Wasser man verwendet (ich verwende und empfehle gefiltertes Leitungswasser), mit wie viel Gefühl das Wasser in den Filter gegeben wird und welche Kaffeebohnen genutzt werden, aber das Hauptaugenmerk liegt hier vor allem auf dem Timing und Wartezeiten zwischen den Aufgießvorgängen.
Schritt 1: Kaffee mahlen
Grundsätzlich wird für diese Brühmethode ein mittelfeiner Mahlgrad empfohlen, je nach Kaffeesorte und Röstgrad kann man hier aber natürlich auch noch mal etwas variieren und ausprobieren. Wer es vom Kaffeegeschmack her gerne etwas leichter hat und vielleicht ein paar Nuancen mehr herauskitzeln möchte mahlt ein wenig gröber, wer einen starken, kräftigen Geschmack bevorzugt darf ruhig etwas feiner mahlen. Auch hier werden wir mit dem 1:15 Verhältnis arbeiten, möchten wir also 300ml Kaffee aufbrühren, benötigen wir 20g frisch gemahlenen Kaffee.
Schritt 2: Wasser kochen
Obwohl Kaffee zu fast 99% aus Wasser besteht, wird bei dem Brühen von Kaffee die Zutat Wasser gerne immer etwas vernachlässigt. Doch wer schon selber mal die Unterschiede von Kaffee aus Leitungswasser, gefiltertem Leitungswasser oder abgefülltem Mineralwasser selber erschmeckt hat, wird diesen Fehler nicht mehr begehen. Doch darum soll es in diesem Beitrag ja auch gar nicht gehen. Insgesamt benötigen wir hier bei 20g gemahlenem Kaffee 300ml Wasser. Je nach Röstung sollte die Wassertemperatur beim Aufbrühen 94°-84°C betragen, je dunkler die Röstung desto niedriger beträgt die Zieltemperatur innerhalb dieses Bereiches.
Schritt 3: Filter und Kanne vorbereiten
Im nächsten Schritt werden der Papierfilter und die Kanne kurz vor dem Brühvorgang vorbereitet. Hierzu gießen wir heißes Wasser auf den mittlerweile in den Filter eingelegten Papierfilter und in die Kanne. Dies erfüllt direkt mehrere Zwecke. Einerseits wärmen wir hiermit sowohl die Kanne als auch den Filter vor, was beim Hario Plastikfilter allerdings nicht ganz so wichtig ist wie bei der Keramikversion die unbedingt vorgewärmt werden sollte, damit das Wasser beim Brühvorgang nicht zu schnell die Temperatur verliert. Und andererseits spült man somit den immer leicht vorhandenen Eigengeschmack aus dem Papierfilter heraus, sodass sich dieser später nicht mehr im Kaffee findet. Sind Filter und Kanne bereit, kippen wir den gemahlenen Kaffee mittig in den Kaffeefilter.
Schritt 4: Der 4:6 Brühvorgang
Der 4:6 Brühvorgang ist nach dem Anteil des Wasser benannt, der in den beiden Brühvorgängen verwendet wird. 40% des Wassers wird im ersten Teil gebrüht, 60% des Wassers wird im letzten Teil aufgegossen.
Wir gehen hier im folgenden weiter von 300ml Kaffee aus, solltet ihr mehr oder weniger Kaffee aufbrühen wollen, müsstet ihr dies entsprechend der Rechnung anpassen. Für 300ml beträgt der erste Aufgießteil 120ml und der zweite 180ml. Der erste Teil wird in 2, der zweite Teil in 3 einzelne Aufgießvorgänge unterteilt.
Die ersten beiden Aufgüsse kontrollieren in der Methode von Tetsu Kasuya die Süße des Kaffees. Während ein kleinerer erster Aufguss die Süße des Kaffees hervorhebt, sorgt ein erster Aufguss mit einer größeren Wassermenge dafür, dass der Kaffee heller & leichter schmeckt und insgesamt einen etwas höheren Säuregehalt aufweist.
Bei Aufguss 3-5 geht es um die Stärke bzw. die Intensität des Kaffees. Wer es gerne milder mag, macht darauf schlicht und einfach einen einzigen Aufguss. Ein normaler Kaffee wird mit zwei gleich großen Aufgüssen hergestellt und wer es gerne stark mag und sich komplett nach dem Originalrezept halten möchte, der macht daraus tatsächlich drei Aufgüsse.
Dieser Beitrag von mir erschien damals zuerst auf handgebrüht.de